©Alberto Venzago
Samstag 4. bis Montag 6. Juni 2022
Herzlich willkommen zu den ersten Internationalen Orgeltagen in der Tonhalle Zürich! Nach der Installation der grossen neuen Orgel bildete sich um Hans Syz, Martin Vollenwyder und mich ein «Freundeskreis» mit dem Ziel, das wunderbare, vielfältige Instrument möglichst oft zum Erklingen zu bringen. Die erste Frucht dieser Arbeit sind die drei zusammenhängenden Orgeltage an Pfingsten 2022, ein Projekt, das bei gutem Gelingen auch an den Pfingsttagen in den folgenden Jahren realisiert werden soll.
Der international renommierte Konzertorganist Christian Schmitt wurde beauftragt, für Pfingsten 2022 ein abwechslungsreiches Programm zu entwickeln, welches die zahlreichen unterschiedlichen Facetten dieser neuen Konzertsaalorgel optimal zur Geltung bringen soll. Dieses realisieren wir nun in enger Zusammenarbeit mit der Tonhalle-Gesellschaft Zürich in der Hoffnung, aber auch mit der Überzeugung, damit Ihre Entdeckungsfreude anzustacheln und Ihnen in einem neuen Rahmen unvergessliche neue Konzerterlebnisse zu ermöglichen.
©Alberto Venzago
Rudolf Lutz Organist
Dieter Utz Orgelbau Kuhn AG
Gunter Böhme Orgelbau Kuhn AG
Vorstellung der Orgel mit Klangbeispielen
Im Prinzip ist es ganz leicht: Luft muss ihren Weg durch unterschiedlich grosse Pfeifen finden, et voilà: Die Orgel klingt. Seit ihrer Erfindung in der Antike aber hat sie Tüftler*innen weltweit zu den komplexesten Kunstwerken inspiriert. Es ist also kein Wunder, dass Mozart die Orgel zur «Königin der Instrumente» auserkoren hat. Wer schon immer einmal der Konzertsaalorgel ins mechanische Herz, dem Organisten auf die Finger und Füsse blicken wollte, hat nun die Gelegenheit dazu. Dieter Utz und Gunter Böhme von der Orgelbaufirma Kuhn teilen ihr Fachwissen zur Tonhalle-Orgel, Organist Rudolf Lutz zieht zur Demonstration die passenden Register.
Rudolf Lutz' Erkundungsreise in die Klangwelt der Tonhalle-Orgel
Kennen Sie den Nasenflöten-Blues? Haben Sie schon einmal ein Volkslied in einer Fassung von Gershwin gehört? Wussten Sie, dass der Nachhall der Tonhalle variabel ist? Was hat das alles mit der Tonhalle-Orgel zu tun? Interaktiv fordern Publikum und Orgelbauer den Grandseigneur der Tasten-Improvisation, Rudolf Lutz, heraus, um dem neuen Konzertinstrument ex tempore brillante, schmissige, orchestrale, zarte und andere Klänge zu entlocken. Ein gehaltvolles musika-lisches Erlebnis mit der neuen Tonhalle-Orgel ist garantiert, jedoch mit unvorhersehbarem Ausgang!
Michael Meyer Konzept und Referat
Louis Delpech Referat
Lion Gallusser Referat
Podiumsgespräch mit Louis Delpech, Rudolf Lutz, Thilo Muster, Christian Schmitt und Tobias Willi, Moderation: Hans-Peter Fricker
13.30 – 14.15 Uhr
Michael Meyer
Zur Geschichte des Konzertsaalorgelbaus im 19. und 20. Jahrhundert
14.15 – 15.00 Uhr
Louis Delpech
Späte Blüte. Orchesterwerke mit Orgel als französisches Kulturphänomen um 1900
– Pause –
15.30 – 16.15 Uhr
Lion Gallusser
Von der Chorbegleitung zum Zeitgenössischen. Die Orgel und ihr Repertoire in den Konzertprogrammen der Tonhalle-Gesellschaft Zürich seit 1872
16.15 – 17.00 Uhr
Podiumsdiskussion mit Louis Delpech, Rudolf Lutz, Thilo Muster, Christian Schmitt und Tobias Willi, Moderation: Hans-Peter Fricker
Das Symposium nimmt die Konzertsaalorgel aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick. Im ersten von drei Referaten beleuchtet Michael Meyer die Geschichte des Orgelbaus für den Konzertsaal, die eine Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts ist. Die Referate von Louis Delpech und Lion Gallusser befassen sich mit dem Komponieren für Orgel und Orchester sowie der Einbindung der «Königin der Instrumente» in die Programmgestaltung von Konzerthäusern in Europa, insbesondere in Frankreich und in der Tonhalle Zürich. Anschliessend geht eine Podiumsdiskussion u.a. der Frage nach, welche Rolle die Orgel im gegenwärtigen Konzertsaalbetrieb spielt.
In Kooperation mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich
Tonhalle-Orchester Zürich
Herbert Blomstedt Leitung
Christian Schmitt Orgel
Johann Sebastian Bach Fantasia und Fuge g-Moll BWV 542 für Orgel
Olivier Messiaen «Offrande et Alléluia final» aus «Livre du Saint Sacrement» für Orgel
Anton Bruckner Sinfonie Nr. 5 B-Dur
I. Introduktion: Adagio – Allegro
II. Adagio: Sehr langsam
III. Scherzo: Molto vivace (Schnell) – Trio: Im gleichen Tempo
IV. Finale: Adagio – Allegro
Bach, Bruckner, Messiaen und Fokuskünstler Christian Schmitt: Gleich vier Orgelvirtuosen teilen sich an diesem Konzertabend die Bühne. Während Bach und Messiaen auch als Komponisten die Orgelliteratur revolutionierten, ist von Bruckner kein einziges Werk für das Instrument seiner Wahl überliefert. Dass in seiner 5. Sinfonie aber ein Orgelmeister am Werk gewesen sein muss, ist kaum überhörbar: Bruckners Fünfte gilt als eine kontrapunktische Glanzleistung. Dirigieren wird sie ein besonderer Fürsprecher seiner Musik, Herbert Blomstedt.
Es spielen sechs Master-Studierende der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK):
Shaun Yong Orgel
Christina Wallau Orgel
Andrzej Turek Orgel
Nathan Schneider Orgel
Cyrill Scheidegger Orgel
Michael Bártek Orgel
Edward Elgar Allegro maestoso aus der Orgelsonate op. 28
Shaun Yong Orgel
Olivier Messiaen «Dieu est simple» aus «Méditations sur le mystère de la Sainte Trinité»
Christina Wallau Orgel
César Franck «Pièce héroïque» aus «3 Pièces pour le Grand Orgue»
Andrzej Turek Orgel
Felix Mendelssohn Bartholdy «17 Variations sérieuses» d-Moll op. 54 (Bearbeitung für Orgel Reize Smits)
Nathan Schneider Orgel
Nicolas de Grigny «Veni creator spiritus»
I. Veni creator en taille à 5 (Plein jeu)
II. Fugue à 5 I
II. Duo
IV. Récit de Cromorne
V. Dialogue sur les grands Jeux
Cyrill Scheidegger Orgel
Maurice Duruflé Prélude, adagio et choral varié sur le thème du «Veni creator» op. 4
Michael Bártek Orgel
Für César Franck stand fest: «Meine Orgel ist ein Orchester». Das demonstrieren nun die Master-Studierenden der ZHdK aus der Orgelklasse von Andreas Jost und Tobias Willi an der Tonhalle-Orgel. Den Anfang macht der erste Satz aus Elgars Orgelsonate, deren Sinn und Zweck es war, das Instrument zur Geltung zu bringen. Mit Messiaen erkundet die Orgel stilistisches Neuland, bei Franck darf sie triumphierend aufspielen. Auch der Bach-Enthusiast und begnadete Organist Mendelssohn darf in diesem Panorama nicht fehlen. J. S. Bach wiederum war ein Bewunderer von Nicolas de Grigny, der dem Programm den barocken Glanz verleiht. Für das grosse Finale schliesslich entführt uns Duruflé in mystisch-impressionistische Gefilde. Ein facettenreiches Fest für die Orgel – auch für die jeweiligen Komponisten, die allesamt 2022 ein besonderes Jubiläumsjahr feiern.
Thomas Hampson Bariton
Christian Schmitt Orgel
Maurice Ravel «Deux Mélodies hébraïques» für Bariton und Orgel
I. Kaddisch. Lent
II. L'énigme éternelle. Tranquillo
César Franck Choral Nr. 3 a-Moll für Grand Orgue
Maurice Duruflé Aus Messe «cum jubilo»
I. Kyrie
III. Sanctus
IV. Benedictus
– Pause –
Gustav Mahler Aus «Rückert-Lieder»
IV. «Ich bin der Welt abhanden gekommen»
V. «Um Mitternacht»
Franz Liszt «Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen», Präludium und Variationen über ein Motiv von J.S. Bach
Johannes Brahms «Vier ernste Gesänge» op. 121
I. Denn es gehet dem Menschen. Andante
II. Ich wandte mich, und sahe an alle. Andante
III. O Tod, wie bitter bist du. Grave
IV. Wenn ich mit Menschen und mit Engelszungen redete. Con moto ed anima
Die «Königin der Instrumente» kann nicht nur Ehrfurcht erbietend donnern, sondern auch intime Gespräche führen. Insbesondere wenn die Dialogpartner Christian Schmitt und Thomas Hampson heissen. Nebst Werken aus der Feder von César Franck, Maurice Duruflé oder Franz Liszt stehen somit auch Liedkompositionen auf dem Programm, die üblicherweise nicht mit der Orgel in Verbindung gebracht werden. Sprachlich versiert wenden sich Schmitt und Hampson existenziellen Fragen zu, die Ravel, Mahler und Brahms in ihren Liedern aufwerfen: Ein Dialog der «himmlischen» Stimmen erwartet uns.
Barbara Dennerlein Orgel
Pius Baschnagel Schlagzeug
Überraschungsprogramm
«Jazz», bekennt Barbara Dennerlein, «ist für mich ein Synonym für Freiheit. Der Freiheit von Vorurteil und Diskriminierung, der Freiheit von Zwang und Konvention.»
Wenn «Orgel-Tornado» Barbara Dennerlein die Jazzregister zieht, sind Überraschungen vorprogrammiert. Nicht nur bei der eingeschworenen Jazzgemeinde ist sie eine feste Grösse wegen ihrer weltweit gefeierten Live-Auftritte mit ihrer Hammond-B3-Jazzorgel und zahlreichen Einspielungen darauf. Als sie sich im Teenageralter in den Sound der Hammondorgel verliebte, gab es für sie kein Halten mehr. Als Duo mit Drummer Pius Baschnagel sind sie ein eingespieltes Team. Dafür tauscht sie das Jazzclub-Ambiente mit dem altehrwürdigen Konzertsaal. Barbara Dennerlein vereint mit einem Gespür für Klangfarben und deren Kombinationen mit zupackender Virtuosität die Elemente des Jazz und der zeitgenössischen Musik zu einem völlig neuen Jazz-Klangbild. Frech, mutig, ohne Scheuklappen, gelingt ihr Musik aus ganzheitlicher Sicht – mitreissend und packend. Mit der Bass Line in den Fusspedalen ist Barbara Dennerlein technisch meisterhaft unterwegs und versteht sich darauf, auch der Tonhalle-Orgel die Blue Notes zu entlocken.
Sebastian Küchler-Blessing Orgel
Frank Dupree Klavier
Tänzer*innen Ballett Zürich
Lucas Rodrigues Valente Choreografie
Christopher John Parker Kostüme
Johann Sebastian Bach Konzert Nr. 5 f-Moll BWV 1056 (Fassung für Orgel und Klavier)
Nikolai Kapustin «Variations» op. 41 für Klavier solo
Sebastian Küchler-Blessing Improvisation über zwei gegebene Themen für Orgel solo
– Pause –
Igor Strawinsky «Le sacre du printemps» (Fassung für Klavier zu vier Händen des Komponisten) für Orgel und Klavier, Premiere der Tanz-Inszenierung von Lucas R. Valente
Orgelspielen, das ist wie ein Tanz auf der Tastatur, ein virtuos choreografiertes Ballett der Register. Zunächst spielen die Tasten-künstler Sebastian Küchler-Blessing an der Orgel und Frank Dupree am Klavier das Konzert Nr. 5 von Johann Sebastian Bach BWV 1056 in einer Fassung für Orgel und Klavier, bevor sie solistisch mit zeitgenössischen bzw. eigenen Werken in Erscheinung treten. Nach der Pause ist der Tanz dann auch wortwörtlich Programm: Mit Strawinskys berühmt-berüchtigtem Reigen «Le sacre du printemps» wird das Konzertpodium zur Ballettbühne. Tänzer*innen des Ballett Zürich präsentieren die neue Tanz-Inszenierung zur Musik von Strawinsky, welche der Choreograf Lucas Rodrigues Valente entwickelt und konzipiert hat – in Kostümen von Christopher John Parker.
Igor Strawinskys hochvirtuose vierhändige Fassung seines «Sacre» hat einen festen Platz im Repertoire vieler Klavierduos und erklingt in diesem Konzert im Duo Orgel und Klavier. «Le Sacre du printemps» war nach «L’Oiseau de feu» und «Pétrouchka» die dritte Ballettmusik für die Pariser «Ballets russes» unter der Leitung von Sergej Djagilew. Anders als die beiden Vorgängerwerke vermittelt der «Sacre» keine herkömmliche Handlung. Strawinsky hatte viel eher eine «Vision einer grossen heidnischen Feier: alte weise Männer sitzen im Kreis und schauen dem Todestanz eines jungen Mädchens zu, das geopfert werden soll, um den Gott des Frühlings günstig zu stimmen». Auch musikalisch ist das Werk ein radikaler Bruch mit allem bisher Dagewesenen, um neue Klangmöglichkeiten auszuloten: Der Rhythmus steht im Zentrum. Schwebende Heiterkeit wird abgelöst von düster-pulsierender Bedrohlichkeit. Auch deswegen kam es bei der Uraufführung 1913 zu Tumulten und sie wurde einem der bekanntesten Theaterskandale der Geschichte.
Zum Programm des Jahres: